Verletzungsmittel in der klassischen Homöopathie
Wenn wir als Homöopath*Innen in eine Situation kommen, einen akuten Verletzungsfall zu behandeln, dann müsse wir immer sehr verantwortungsvolle Entscheide treffen, denn das Patientenwohl ist oberstes Gebot!
Wie schon erwähnt, muss man sich einige wichtige Fragen Stellen, wenn man einen verletzen Patienten oder eine Patientin vor sich hat:
- Wie lebensbedrohlich ist die Situation, wie schwer ist die Verletzung?
- Ist es eine akute Situation oder ist es schon eine Spätfolge einer Verletzung?
- Kann ich diese Situation wirklich beurteilen?
- Wie schnell muss die Wirkung eintreten? Wie viel Zeit steht zur Verfügung?
- Wie gross ist das Risiko, ein falsches Mittel zu geben und liegt das drin?
- Ist es nicht besser, den oder die Verletzte einem Schulmediziner oder einer Schulmedizinierin zu übergeben?
Bei Zweifel oder Angst, dass die Kenntnisse nicht ausreichen immer einen Fachmann oder -frau beiziehen!
Die wichtigste und auch bekannteste Arznei bei stumpfen Traumata ist ganz klar Arnica. Es ist auch die Arznei, die am meisten missbraucht wird, weil es einfach immer, sei die Verletzung auch noch so klein, gegeben wird, auch wenn es total unnötig ist.
Es gibt einen Doppelblindversuch zur Wirksamkeit von Arnica bei Traumata (Nachzulesen bei der Nummer 21 von der British Homeopathic Resarch Group). Das Ergebnis war, dass der Heilungsprozess bei akuten Traumata mit Arnica C30 rascher verläuft. Arnica wirkt sich in 92.5% der Fälle positiv auf Schmerzen, Steifheit und Unruhe aus, während dieselbe Untersuchung unter Placebo nur bei 57,5% zu einer Besserung führte. Dasselbe wurde noch mit Arnca C30 und Arnica C10’000 behandelt. Das Ergebnis war, wie die Theorie in der kl. Homöopathie sagt, dass die hohe Potenz besser und schneller wirkte.
Wenn man also ein einen Patienten vor sich hat, der zB. einen Schlag durch ein Pferd, ein Stockschlag im Hockey, den Kopf am Garagentor etc. angeschlagen hat, stehen verschiedene (Arnika-like) Arzneien zur Verfügung.
Bellis perennis (Gänseblümchen):
- Zu der der Familie gehören Arnica, Calendula und eben Bellis perennis. Diese drei Mittel besitzen eine grosse Wundheilkraft, aber jedes Pflanze hat ein anderes Spezialgebiet. Bellis hat seine grösste Wirkung bei Verletzungen der Muskeln, Drüsen (Brust, Hoden) und eine grosse Heilkraft bei nervenreichen Körperstellen (wie Hypericum). Bekannt für Bellis…
… ist schmerzempfindlich auf Berührung
… sind starke Schwellungen und Blutandrang, mit richtigen Geschwulsten
Der Unterschied zu Arnica ist der Umstand des Traumatas. Bellis ist bekannt für Verletzungen während der Bewegung oder wenn der erhitzte oder aufgewärmte Körper plötzlich abgekühlt wird, zB. bei einem Sturz in’s Wasser, Schnee, Feuchtigkeit, aber auch bei kaltem Wind oder eiskalten Getränken (DD Rhus tox). Ebenfalls bekannt für Hexenschuss auf Ausflügen, weil man auf einem zu hartem Untergrund geschlafen hat. Bei einem Schlaf gegen die Brust oder gegen den Hoden mit grossem Schmerz und Schwellung, ist ebenfalls Bellis perennis angezeigt (DD Conium)
Arnica montana (Bergwohlverleih):
- Arnika ist das erste Mittel bei Verletzungen, Verstauchungen, Verrenkungen, Prellungen und Wunden und Blutungen. Arnika ist angezeigt beim Apoplex, sowohl bei einer Hirnblutung als auch bei einem Hirninfarkt. Hierbei kommt es zu Bewusstseinsstörungen, Koma, motorischen, sensiblen oder sensorischen Ausfällen und evtl. zu Krämpfen. Schon bei leichten neurologischen Ausfällen kann Arnika den Schlaganfall verhindern oder zumindest in seinen Folgen mindern.
sämtliche Verletzungen, insbesondere Verletzungen v. a. der Muskeln und Faszien. Es hilft schmerzlindernd bei Quetschungen der Haut, Muskeln, Augen, aber auch stumpfes Bauchtrauma, Frakturen (z.B. Rippen) mit schmerzhafter Schonatmung, bei Überanstrengung (Muskelkater), Kopfverletzungen: Schädelfraktur, Commotio, Schleudertrauma der HWS, wenn > Kopf nach vorne (Hyper > Kopf nach hinten).
Arnica ist eine bakannte Schockarznei, die den Arzt wegschickt, nach Operationen, wenn ein Skalpell gebraucht wurde (DD Staphysagria), prä- und postoperativ vor oder nach einer Entbindung.
Der Patient hat eine grosse Schmerzempfindlichkeit mit Angst, berührt zu werden («Lassen Sie mich in Ruhe; es ist nichts passiert»), ist schlimmer durch Hilfe oder Trost, hat ien Wundgefühl am ganzen Körper, sogar die Haut schmerzt. Bellis ist besser durch Bewegung und hat lieber Kühle, Arnica ist schlechter durch Bewegung und ist besser durch Wärme.
Arnica hat das Gefühl, das Bett sei zu hart und hat den ständigen Zwang, die Lage zu wechseln, um eine bequeme Stellung zu finden.
Conium maculatum (Gefleckter Schierling):
- Conium ist ebenfalls angezeigt bei einer Stumpfen Verletzung, vor allem der Drüsen. So zum Beispiel bei einem Schlag auf die Brust, wenn danach Schmerzen und ein Bluterguss (Hämatom) entsteht. Bekannt ist Conium auch für Rückenverletzungen (Rückenschmerzen, Lähmungen) und ähnlich wie Hypericum, bei Nervenverletzungen. Was es mit Arnica, Opium und Aconitum ähnlich hat, ist die wunderbare Wirkung bei Schock oder Folgen von Schock.
Ledum palustre (Sumpfporst):
- Ledum ist wie Arnica, Bellis perennis, Conium und Hamamelis, eine ganz gute Arznei bei grossflächigen Hämatomen (Blutergüssen). Meistens wendet man es erst einige Tage oder Wochen nach der erlittenen Schlagverletzung an, Wenn Arnica keine Wirkung zeigt, dann ist Ledum vielleicht das Mittel für das grossflächige Hämatom, wenn sich die Haut an dieser Stelle objektiv und subjektiv kalt anfühlt, schlechter durch Wärme, aber besser durch kalte Anwendungen. Ledum kann auch bei einem „blauen Auge“ eingesetzt werden, wenn Arnica versagt (DD Ruta und Sulphuricum acidum). Ledum kommt auch Starrkrampf (Tetanus-) - Prophylaxe in Anwendung. So z.B.bei Stichwunden durch Nägel, Nadeln oder auch Tierbissen.
Hypericum perforatum (Johanniskraut):
- Die Nervenverletzung führt uns zu Hypericum perforatum. Leitsymptom von Hypericum sind unerträgliche, übermässige Schmerzen und Schmerzunverträglichkeit des Patienten oder der Patientin. Jeder Stich, Biss und jede Quetschung bei nervenreichem Gewebe geht mit ungewöhnlich starken Schmerzen einher, die schlimmer durch Berührung oder Kälte ist oder auch Wetterumschwünge, die neuralgische Beschwerden auslösen. Es ist das Mittel der Wahl bei einer Prellung der Wirbelsäule, zB. bei einem Umfallen auf den Po beim Schlittschuhlaufen oder auch Snowboarden. Wenn die Schmerzen seit einigen Jahren bestehen, nachdem man auf den Popo gefallen ist: ein Versuch mit einer XM lässt hoffen!
Ruta (Weinraute):
- Wie bei Ledum palustre erklärt, ist auch Ruta ein sehr wirksames Mittel bei einem blauen Auge. Weshalb? Ruta hilft dort, wo die Haut dünn ist oder Knochen hervorsteht. Dort, wo der Knochen nicht durch Muskel-oder Fettgewebe geschützt ist, spricht der Körper besser auf Ruta als auf Arnica an. Auch bei Schlagverletzung in Fussball- oder Hockeyspielen sprechen zB. Verletzungen am Schienbein besser auf Ruta als auf Arnica an.
Symphytum (Beinwell / Wallwurz):
- Neben dem bereits erwähnten Ruta kann sich auch Symphytum bei Verletzungen harter Körperstellen wie den hervorstehenden Knochenwülsten unter den Augenbrauen oder den Jochbeinen als Wirksam erweisen. Z.B. bei einem frontalen Sturz auf das Gesicht mit einer über das ganze Gesicht verteilten Quetschung, Abschürfung oder Blutergüssen (Velosturz), kann Symphytum zu einer schnelleenn Heilung beitragen. Allgemein ist Symphytum auch bei einer Verletzung der Knochenhaut oder auch Knochenbrüchen sehr Hilfreich sein, um die Kallusbildung zu unterstützen und zu verschnellern. Bei einem Verdacht auf einen Oberschenkelbruch ist aufgrund der Knochenblutung als erstes Arnica angziegt. Ebenfalls ein hilfreiches Mittel zur Kallusbildung ist Calcium phosphoricum.
Calendula (Ringelblume):
- Calendula ist angezeigt bei Riss- und Schürfwunden, bei Muskel- oder Bänderrissen. Wenn eine Wund zu eitern beginnt, kann Calendula helfen, sogar bei septische Wunden, Karbunkel, Geschwüre und offenen Krebswunden. Es kann auch bei nach einer Geburt verabreicht werden, wenn es zu einem Gebärmutterhalsriss geführt hat, bei Gelenkverletzung mit Verlust der Synovialflüssigkeit. Ebenso ist es bekannt bei Dekubitus mit entzündeten Geschwüren und dem dem Wundschmerz, als ob man einen Schlag bekommen hätte…
Hamamelis virginiana (Virginische Zaubernuss)
- Hamamelis ist ein Verletzungsmittel und eine komplementäre Arznei zu Arnica, wenn die grosse Aufregung und die Schmerzen der ersten Stunden vorbei sind. Hamamelis kommt auch bei Blutungen und Hämatomen in die engere Wahl. Es sind passive, dunkle Blutung und es besteht im Gegensatz zu Arnica nur wenig Berührungsempfindlichkeit; Hamamelis ist auch < Berührung, aber seine Beschwerden sind weniger schmerzhaft und die Berührungsempfindlichkeit nicht so schlimm wie bei Arnica. Es besteht eine Schmerzlosigkeit der Blutungen, welche bei der kleinsten Berührung erneut zu bluten beginnen schmerzlosen Hämatomen, die über lange Zeit nicht verschwinden.
Lieben Dank für’s Lesen
und herzliche Grüsse, Claudio